Home » News » Zirkulär und digital – die Bauindustrie auf dem Sprung zur Nachhaltigkeit
News

Zirkulär und digital – die Bauindustrie auf dem Sprung zur Nachhaltigkeit

Credits: shutterstock

Alberto Cerri

Projektleiter Kreislaufwirtschafft bei öbu, dem Verband für nachhaltiges Wirtschaften

Die Bauwirtschaft hat ein Abfallproblem. Mit etwa 74 Millionen Tonnen belegt die Bauindustrie den unangefochtenen ersten Platz der Schweizer Abfallstatistik. Die immer kürzere Lebensdauer von Gebäuden und die Verwendung wertvoller «nicht erneuerbarer» Rohstoffe wie Sand und Kies verschärfen die Situation zusätzlich.
Betrachtet man die Bauwirtschaft aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit, verbirgt sich hinter dem Abfallproblem jedoch grosses Potenzial. Alberto Cerri, Projektleiter bei öbu, dem Verband für nachhaltiges Wirtschaften, sieht hier die Lösung: «Die Kreislaufwirtschaft ist die grösste Chance der Bauindustrie, nachhaltig zu werden. Die Technologien gibt es schon heute – sie müssen nur genutzt werden.»

Der Verband öbu führt und unterstützt Projekte in der Bauindustrie, um aufzuzeigen, wie die Wiederverwendung industriell etabliert werden kann. «Wir sehen gerade in digitalen Ansätzen eine Möglichkeit, die Wiederverwendung von Baustoffen unkompliziert zu fördern», lautet die Prognose von Alberto Cerri. Die Online Plattformuseagain.ch zeigt mit einem bewährten Konzept und  einer innovativen Vision, wie das gelingen kann. «Useagain» ist ein digitaler Marktplatz, auf dem Bauteile angeboten und vermittelt werden können, anstatt sie zu entsorgen. Weiter vernetzt die Plattform Interessengruppen in der Baubranche und gleicht deren Anforderungen untereinander ab. Doch der Digitalisierungsprozess einer kreislauffähigen Baubranche beginnt schon einen Schritt zuvor: Bereits zu Beginn des Lebenszyklus eines Bauteils kann die spätere Wiederverwendung berücksichtigt werden. Die globale Standardisierungsorganisation GS1 bietet offene Identifikationsschlüssel (zum Beispiel Barcodes) für Konsumgüter, Arzneimittel oder auch für die Bauindustrie an.

Wird beispielsweise ein Stahlträger bereits bei seiner ersten Verwendung mit einem Barcode global eindeutig gekennzeichnet, lassen sich so wertvolle Informationen für die spätere Nutzung speichern. Bauvorhaben, die Rohstoffe wiederverwenden wollen, könnten so auf Datenbanken zugreifen, um herauszufinden, wie gross der verbaute Stahlträger ist und wo oder wann er verfügbar ist. Die Baubranche verdeutlicht wie kaum ein anderer Sektor: Das Potenzial der Kreislaufwirtschaft ist noch lange nicht ausgeschöpft. «Wir müssen unsere Städte als Materiallager für endliche Ressourcen begreifen», fasst Alberto Cerri die Dringlichkeit zusammen. Rohstoffe aus bestehenden Infrastrukturen wiederzuverwenden, wie es von öbu unterstützt wird, wird auch mit dem Begriff «Urban Mining» bezeichnet. Ein Ausdruck, der uns in Zukunftsdebatten sicher noch häufig begegnen wird.

Nächster Artikel